Gelebte Kundenzentrierung

Vertriebsoptimierung Von: Stika |

Kundenzentrierung: Zwischen Hochglanzposter und harter Realität

Kundenzentrierung ist in aller Munde. Auf Hochglanzfolien wird sie als das Nonplusultra moderner Unternehmensführung gefeiert. Meetingräume sind mit motivierenden Postern geschmückt, die Slogans wie 'Der Kunde steht im Mittelpunkt!' oder 'Wir leben für unsere Kunden!' propagieren. Doch sobald man aus dem Meetingraum herauskommt und in den tatsächlichen Arbeitsalltag eintaucht, stellt sich die Frage: Ist Kundenzentrierung wirklich gelebte Praxis oder nur eine dekorative Wandverschönerung?

Der Unterschied zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Die Wahrheit ist: In vielen Unternehmen bleibt Kundenzentrierung ein theoretisches Konzept, das in der Realität an zahlreichen internen Hürden scheitert. Besonders spannend wird es, wenn es über den Vertrieb hinausgeht und Abteilungen wie Produktion, Einkauf oder IT ins Spiel kommen. Denn Kundenzentrierung ist nicht nur eine Aufgabe für den Kundenservice oder den Außendienst – sie beginnt viel früher und betrifft alle Unternehmensbereiche.

Produktion: Qualität beginnt nicht erst beim Kunden

Die Produktion ist einer der wichtigsten, aber oft unterschätzten Bereiche, wenn es um Kundenzentrierung geht. Was bringt das netteste Kundenserviceteam, wenn die Ware, die beim Kunden ankommt, nicht hält, was sie verspricht? Qualitätssicherung muss kein Buzzword sein, sondern gelebter Alltag. Doch in der Praxis läuft es oft so:

  • Der Kunde will Qualität? 'Ja klar, aber wenn wir schneller produzieren, sparen wir Kosten!'

  • Der Kunde will Individualisierung? 'Schwierig. Wir haben eine Standardlinie. Alles andere kostet extra.'

  • Der Kunde will pünktliche Lieferung? 'Wir tun unser Bestes – vielleicht kommt es ja per Express noch rechtzeitig an.'

Wenn die Produktion nicht mit dem Kunden, sondern nur mit den Produktionskennzahlen arbeitet, kann von echter Kundenzentrierung keine Rede sein.

Einkauf: Zwischen Spagat und Sparzwang

Der Einkauf ist ein weiteres Beispiel für ein Spannungsfeld, das mit der schönen Theorie der Kundenzentrierung oft kollidiert. Hier geht es um die Gratwanderung zwischen Qualität, Preis und Lieferzeiten. Ein paar typische Herausforderungen:

  • 'Wir kaufen nur das Beste!' … solange es günstig ist.

  • 'Unsere Lieferanten sind unsere Partner!' … bis der Preis nicht mehr passt.

  • 'Kundenzentrierung beginnt bei den Rohstoffen!' … aber wehe, der Lieferant braucht länger als geplant.

Ein Einkauf, der nur auf den niedrigsten Preis schielt, aber nicht darauf, ob das Produkt letztlich den Kunden begeistert, kann die beste Kundenzentrierungsstrategie untergraben.

IT & Prozesse: Von Kundenfreundlichkeit keine Spur

Nicht nur physische Produkte, sondern auch digitale Erlebnisse sind entscheidend für die Kundenzentrierung. Doch wie oft erlebt man es, dass Prozesse so kundenunfreundlich sind, dass man sich fragt, ob der Kunde überhaupt Teil der Überlegungen war? Ein paar Klassiker:

  • Die Webseite lädt nicht richtig? 'Ja, aber auf unseren internen Testgeräten funktioniert sie!'

  • Der Bestellprozess ist kompliziert? 'Unsere Systeme lassen das nicht anders zu!'

  • Der Kunde will flexible Zahlungsmethoden? 'Unser ERP-System kann das leider nicht.'

Hier zeigt sich, dass Kundenzentrierung nicht nur in den Köpfen, sondern auch in der Systemlandschaft und den Prozessen eines Unternehmens verankert sein muss.

Fazit: Kundenzentrierung als echte Herausforderung

Echte Kundenzentrierung ist unbequem. Sie bedeutet, bestehende Prozesse kritisch zu hinterfragen, interne Silos aufzubrechen und Abteilungen zu ermutigen, nicht nur auf ihre eigenen KPIs, sondern auch auf den Endkunden zu schauen. Sie bedeutet, dass nicht nur Vertrieb und Kundenservice, sondern auch Einkauf, Produktion und IT Verantwortung für das Kundenerlebnis übernehmen müssen.

Solange Kundenzentrierung nur als Dekoration an der Wand existiert, wird sich wenig ändern. Erst wenn jedes Teammitglied versteht, dass sein tägliches Handeln einen direkten Einfluss auf den Kunden hat, wird aus einem Hochglanzslogan eine echte Strategie. Und das ist am Ende nicht nur für den Kunden gut – sondern auch für den langfristigen Erfolg des Unternehmens.